«Eine Heidi-Landwirtschaft ist schlicht unsolidarisch»
von Redaktion
Andreas Aebi spricht offen und ehrlich über die Widersprüche in der Landwirtschaftspolitik, die Illusion der Schweiz als Heidiland, die beiden extremen Agrarinitiativen und darüber, wie biologisch die Schweizer Landwirtschaft heute schon funktioniert.
Ab Minute 12.05 kommt das Interview auf die Kernfragen der Schweizer Landwirtschaft zu sprechen. Ökologisierung, AP22+, Pestizidverbots- und Trinkwasserinitiative, Veganismus und Umweltschutz sind nur einige Stichworte. Aebi ist nicht nur schlagfertig, sondern kontert viele vermeintlich logische grüne Argumente mit Fakten und Beispielen aus der Praxis. Letztlich deckt er schonungslos die Widersprüche der Umweltschutzbewegung auf und zeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit vielfach weit auseinander liegen. Er plädiert für mehr Sachlichkeit und ruft zum Dialog auf. Auch dürfen die Bäuerinnen und Bauern stolz sein auf das bisher Erreichte.
Schweizer Landwirtschaft wird laufend ökologischer
Die Diskussion um die AP22+ zeigt exemplarisch die Missverständnisse der Schweizer Landwirtschaftspolitik auf. Wie sollen ein Rückgang der Erträge aufgrund zusätzlicher ökologischer Auflagen, ein weiter sinkender Selbstversorgungsgrad und der Wunsch nach mehr regionalen Produkten vereinbar sein? «Das geht einfach nicht auf», ist Aebi überzeugt. Irgendwo müssen die Nahrungsmittel für die Bevölkerung einfach produziert werden. «Es ist doch unsolidarisch, wenn wir uns eine Heidi-Landwirtschaft verordnen und die Nahrungsmittel dafür aus dem Ausland importieren». Insbesondere sei die Schweizer Landwirtschaft ökologischer unterwegs als in vielen anderen Ländern. Zurzeit liegt der Marktanteil von Bioprodukten in der Schweiz bei zehn bis elf Prozent. Der ganz grosse Rest der Konsumentinnen und Konsumenten fragt immer noch konventionell angebaute Produkte nach. Doch konventionell heisst nicht unökologisch. «Es wird ja nicht einfach nichts getan, im Gegenteil. Die Entwicklung geht seit Jahren in Richtung Ökologisierung der Schweizer Landwirtschaft», führt der Landwirt auch aus seiner eigenen Erfahrung aus. Als aktuelles Beispiel führt er den Absenkpfad Pestizide an oder die restriktive Handhabung des Antibiotikaeinsatzes. Und er weiss, von was er spricht. Auf seinem Hof ist das Zusammenleben verschiedener ökologischer Systeme Alltag.
«Nur in der Schweiz trinke ich von jedem Wasserhahn»
Damit kommt das Gespräch auch auf die beiden extremen Agrarinitiativen zu sprechen. Hier ist gemäss Aebi die Faktenlage klar. «Die Schweiz hat das beste Trinkwasser der Welt», sagt der vielgereiste Reiseunternehmer. «Wo sonst auf der Welt können Sie bedenkenlos das Wasser aus jedem Wasserhahn trinken? Also ich mach das nur in der Schweiz.» Die gute Qualität wird denn auch in vielen Studien bestätigt. Das heisse aber nicht, dass es nicht noch Verbesserungspotenzial gebe.
Zu einem radikalen Pestizidverbot meint der Landwirt mit Blick auf den eigenen Hof: «Ganz ohne Pflanzenschutzmittel geht es einfach nicht. Nehmen Sie das Beispiel Kartoffeln. Die Kraut- und Knollenfäule kann nicht ohne Einsatz von synthetischen Pflanzenschutzmitteln in Schach gehalten werden. Das gilt auch für Biobetriebe.» Überhaupt lohne sich ein zweiter Blick auf vordergründig gut gemeinte ökologische Ansätze. «Bei extensiver Landwirtschaft wird mehr gepflügt. Das setzt aber zusätzliches CO2 frei und der Boden wird verdichtet, was letztliche der Umwelt schadet», zeigt Aebi einen von vielen Widersprüchen der Ökologisierungsbestrebungen auf. Auch sieht er in der Praxis immer wieder, dass die Landwirtschaft vielfach als einzige Verursacherin von Umweltproblemen dargestellt wird. «Das entspricht schlicht nicht den Tatsachen und ist ungerecht», wehrt sich der Landwirt für seine Berufskolleginnen und -kollegen. Er plädiert deshalb für eine differenzierte, ganzheitliche Betrachtungsweise aber vor allem auch für mehr Dialog. Sein Fazit: «Die Schweizer Landwirtschaftspolitik verfügt bereits über sehr viele Instrumente, um den ökologischen Fussabdruck zu reduzieren. Wir sind hier viel besser als der Ruf, der uns vielfach angedichtet wird. Es geht um einen massvollen Einsatz aller Produktionsmittel für eine angepasste Produktion regionaler Lebensmittel.»
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