Da ist der «Kassensturz» eindeutig zu weit gegangen: Im April wurde im Beitrag zum Nein von Bio Suisse zur Trinkwasser-Initiative aus betriebseigenem Futter kurzerhand Importfutter. Was nach einer sprachlichen Ungenauigkeit tönt, ist in Wahrheit ein inakzeptables Verbiegen des Initiativtextes, welches die Initiantinnen und Initianten systematisch betreiben. Der «Kassensturz» hat diese Argumentation übernommen und sich somit zum Sprachrohr der Initiative gemacht. Deshalb wurde bei der Ombudsstelle der SRG mehrfach Beschwerde eingereicht - unter anderem auch durch die IG BauernUnternehmen. Diese wurde nun gutgeheissen: Der «Kassensturz» hat die freie Meinungsbildung unzulässigerweise verfälscht.
Der Weg von Nahrungsmitteln vom Acker bis auf den Teller der Konsumenten ist lang. Während der Wachstumsphase sind Kulturpflanzen wie Kartoffeln verschiedenen Krankheiten und Schädlingen ausgesetzt. Bei Befall müssen sie mit Pflanzenschutzmittel geschützt werden. Was viele jedoch nicht wissen: Auch nach der Ernte brauchen Pflanzen Schutz. Biozide und Pflanzenschutzmittel (beide fallen unter den Überbegriff Pestizide) helfen dabei, die Lebensmittelverluste auch nach der Ernte so gering wie möglich zu halten. Doch ihr Einsatz ist durch die beiden Agrar-Initiativen in Frage gestellt.
Mit der Annahme der Agrar-Initiativen wäre in der Schweiz der Anbau von Raps gefährdet. Schweizer Raps würde Mangelware. Dies in einem Umfeld, in dem die Rapspreise durch die Decke gehen und Raps gefragt ist wie selten zuvor. Die Schweiz würde mit den Agrar-Initiativen dem heimischen Rapsanbau einen Bärendienst erweisen.
Mit der Trinkwasser-Initiative wird suggeriert, dass es um die Qualität unseres Wassers schlecht bestellt sei. Doch diese Panikmache entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Die «Ostschweiz» hat sich in die Statistiken in ihrem Einzugsgebiet vertieft und Fachleute gefragt. Klares Fazit: Die Trinkwasserqualität ist nach wie vor hervorragend. Die Grenzwerte werden zwar da und dort überschritten. Aber sie sind so streng, dass das Wasser weit weg von jeglicher Gesundheitsgefahr ist. Das zeigt: Mit der Panikmache zum Trinkwasser wird schamlos Politik gemacht.
Schweizer Bauer, 8. Mai 2021, Kommentar Andreas Bürki
von Redaktion
Falsch verstandener Umweltschutz führt dazu, dass wir in der Schweiz das grosse Potenzial von Raps nicht nutzen. Mit den Agrar-Initiativen würde es noch schlimmer. Wir würden diesen wichtigen Eiweissträger verschwenden und den Bienen notwendige Nahrung entziehen. Aber das ist noch nicht alles: Wir fördern nämlich dadurch die Abholzung der Regenwälder, weil anstatt einheimischer Raps schädliches Palmfett importiert wird.
Die Trinkwasser-Initiative führt nicht nur zu weniger regionalen Produkten und höheren Preisen. Sie könnte auch die Steuerzahlenden teuer zu stehen kommen. Die Handelszeitung hat nachgerechnet: Das Agrarbudgtet müsste um bis zu einer Milliarde Franken pro Jahr aufgestockt werden, um die sich abzeichnenden Einkommensverluste zu kompensieren. Wie realistisch allerdings eine solche Erhöhung ist, steht auf einem anderen Blatt.
Im Club bei SRF wurde unlängst über die beiden Agrar-Initiativen und den Bauernstand diskutiert. Dabei kam auch mehrmals der Import von Futtermitteln zur Sprache. Doch: Mit der Annahme der beiden Initiativen würde im Gegenzug der Nahrungsmittelimport massiv angekurbelt. Und das schadet gemäss Studien der Umwelt deutlich mehr als die heutige regionale Produktion in der Schweiz. Zudem konnten bei den Schweizer Futtermittelimporten bereits starke Fortschritte bezüglich Nachhaltigkeit erreicht werden.
Für viele Betriebe würde sich ein Pestizidverbot verheerend auf die betriebswirtschaftliche Rechnung auswirken. Die Handelszeitung zeigt anhand konkreter Beispiele, was das in der Praxis genau heisst. In der Schweiz wird schon sehr stark in Bio-ähnliche Methoden investiert. Doch vielfach wird dies nicht mit einer höheren Kaufbereitschaft belohnt. Diese wäre aber nötig, um überleben zu können.
Die Pestizidverbots-Initiative möchte auch den Import von Produkten, die mit Pestiziden in Kontakt waren, verbieten. Doch dieser Teil der Initiative wird aus mehreren Gründen wohl nie durchgesetzt werden können. Das würde die Schweizer Bauernbetriebe stark benachteiligen.
Im Vorfeld gab es grosse Diskussionen. Doch letztlich hat die DV von Bio Suisse mit klarer Mehrheit die Nein-Parole zur Trinkwasserinitiative gefasst. Die Bio-Betriebe würden durch die Initiative vor existenzielle Probleme gestellt.
von Redaktion
Selten stand eine Delegiertenversammlung von Bio Suisse so stark unter Beobachtung. Die Parolenfassung zur Trinkwasserinitiative sorgte – nicht zuletzt auch wegen einem entsprechenden Beitrag im Kassensturz – für hitzige Diskussionen. Aber die Delegierten liessen sich nicht beirren. Die Initiative ist schlicht zu extrem, als dass Bio Suisse diese befürworten könnte. Vor allem die Beschränkung auf betriebseigenes Futter sowie das zu erwartende Marktungleichgewicht bei Bio-Produkten wären für viele Höfe existenziell nicht tragbar.